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Datum: 01.03.2013

Am 8. März ist wieder internationaler Frauentag

Am 8. März 2013 jährt sich zum inzwischen 102. Mal  der internationale Frauentag.

Die luxemburgische EU-Kommissarin Viviane Reding stellte dazu fest: Solange wir einen Frauentag feiern müssen, bedeutet dies, dass wir keine Gleichberechtigung haben. Das Ziel ist die Gleichberechtigung, dann brauchen wir solche Tage nicht mehr.

Die lauenburgische Gleichstellungsbeauftragte Elke Hagenah
Und: Sind wir im Jahr 2013 soweit? Können wir den Frauentag einmotten?

Als kommunale Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Herzogtum Lauenburg sage ich: Nein. Leider sind wir von unserem Ziel noch weit entfernt.
Zwar sind wichtige Forderungen aus den letzten 100 Jahren erfüllt worden. Frauen „dürfen“ wählen. Sie dürfen ohne Zustimmung ihres Ehemannes einen Beruf ausüben.

Doch wie sieht die aktuelle Wirklichkeit aus? Frauen verdienen rund 22 % weniger als Männer. In keinem anderen europäischen Land ist der Unterschied so groß wie bei uns. Warum?
Die Gründe dafür sind vor allem die deutlich geringere Bezahlung von Arbeit im sozialen Bereich gegenüber der Arbeit im Finanz- und im Technikbereich und auch das unterschiedliche Berufswahlverhalten der Geschlechter. Weiterhin tragen Unterbrechungen in der Erwerbsbiographie wegen Erziehungs- und Pflegearbeit, sowie Teilzeitarbeit, Arbeit im Niedriglohnsektor und in den 450-€-Jobs zu dieser Lücke bei.
Aber warum betrifft dies vor allem Frauen?

Ich denke, die Hauptursache liegt immer noch in der schwierigen Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Diese zu regeln, wird  auch heute noch überwiegend als Aufgabe der Frauen angesehen.
Obwohl Frauen heute die besseren Schulabschlüsse haben, richten sie ihr Berufsleben schon sehr frühzeitig auf diese Vereinbarkeit aus. Wenn Sie dann in einer bestehenden Partnerschaft ein Kind bekommen, sind sie es, die beruflich „kürzer treten“, um das Kind zu versorgen. Jede Lücke in der Erwerbsbiographie oder die Reduzierung ihrer beruflichen Tätigkeit (Erwerbspause, Teilzeit, geringfügige Beschäftigung) wird sich für ihr gesamtes weiteres Erwerbsleben nachteilig auswirken: geringerer Lohn, finanzielle Abhängigkeit, später eine geringere Rente. Dabei rede ich noch gar nicht von den Schwierigkeiten, die entstehen, wenn die Partnerschaft in die Brüche geht oder wenn die Frau von Anfang an alleinerziehend ist.

Ein paar Zahlen und Fakten mögen dies verdeutlichen:
Frauen sind von Niedriglöhnen doppelt so häufig betroffen wie Männer („die Welt“ vom 27.2.2013, Zahlen aus der Statistik der Bundesagentur für Arbeit). Circa die Hälfte aller berufstätigen Frauen arbeitet in Teilzeit, dabei arbeiten Frauen  nahezu 5-mal häufiger in Teilzeit als Männer (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e. V; Berlin DIW Wochenbericht Nr. 42/2011 vom 19. Oktober 2011).
Zwei von drei geringfügig beschäftigen Arbeitnehmern sind weiblich (Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsmarktberichterstattung: Der Arbeitsmarkt in Deutschland, Frauen und Männer am Arbeitsmarkt im Jahr 2011, Nürnberg 2012).

Die durchschnittliche Rente von Frauen betrug 449€ im Jahr 2010, die eines Mannes 865€ (Angaben der Rentenversicherung). Dabei sieht es für die Frauen in den alten Bundesländern noch schlechter aus als es diese Durchschnittswerte nahelegen, da sie weitaus weniger Möglichkeiten der Kinderbetreuung hatten als ihre Geschlechtsgenossinnen aus den neuen Bundesländern.
Altersarmut ist weiblich und dieser Trend wird sich in den kommenden Jahren noch verstärken.

Will man dies korrigieren, dann muss dies bald geschehen. Kreative Vorschläge aus Politik, Gewerkschaften und von anderen, die sich in unserer Gesellschaft beteiligen mögen, sind gefragt. Diesem Anliegen dient auch die neueste „Initiative gegen Altersarmut“, in unserem Kreis initiiert durch ein Bündnis von AWO, SoVD, DGB, Dt. Kinderschutzbund, Seniorenbeiräten und Gleichstellungsbeauftragten. Die Presse berichtete u.a. in der LN und in der Lauenburgischen Landeszeitung am 23.2.2013 darüber. Fragen Sie vor Ort nach den „roten Karten“!  Allerdings: das Korrigieren des Ergebnisses „Altersarmut“ ist die eine Sache, die Weichen anders zu stellen und die  Ursachen zu ändern, die andere. Dafür wäre eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf notwendig, die sich nur mit einem noch viel besseren Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten erreichen lässt.

Es stimmt,  die Kommunen strengen sich sehr an, um für Kinder unter drei Jahren die gesetzlich zugesagten Quoten zu erfüllen. Aber die Anstrengungen werden sehr wahrscheinlich nicht reichen. Deshalb fürchten viele Kommunen den Rechtsanspruch der Eltern auf einen Krippenplatz ab Sommer 2013. Wir sind noch weit entfernt von einem gut ausgestatteten und pädagogisch sinnvollen Betreuungssystem von der Kinderkrippe für das Kleinkind bis zur gebundenen Ganztagsschule für das Schulkind von 14 Jahren. Alle diese Einrichtungen müssen ausreichende und flexible Öffnungszeiten bieten, um Eltern eine Vollzeitarbeit zu ermöglichen.

Das Betreuungsgeld für Eltern, die ihr Kind selbst betreuen, und damit den staatlichen Haushalt von Ausgaben für Kinderbetreuung entlasten, ist das falsche Signal. Das Betreuungsgeld verstärkt nur die oben beschriebenen Effekte der Verhinderung von Erwerbsarbeit der Frauen und kann dadurch letztlich zu Altersarmut mit beitragen.

Neben dieser großen gesellschaftlichen Aufgabe müssen wir auch in einen gesellschaftlichen Dialog über die Wertigkeit von Arbeit kommen. Es darf nicht so bleiben, dass Arbeiten im sozialen Bereich, die häufig mit hoher Verantwortung für Kinder, alte Menschen oder Kranke verbunden sind, schlechter bezahlt werden als Tätigkeiten im technischen Bereich.
Und es darf auch nicht so bleiben, dass Menschen mit einer Vollzeitstelle beim Jobcenter „aufstocken“ müssen, weil sie einen zu niedrigen Bruttoarbeitslohnhaben haben (z.B. im Hotelgewerbe als Zimmermädchen, im Reinigungs- oder Friseurgewerbe). All dies sind interessanterweise  überwiegend Tätigkeiten, die von Frauen ausgeübt werden.
Es gäbe noch viele Bereiche der Ungleichheit, die hier erwähnt werden könnten: Sei es die fehlende weibliche Repräsentanz in den oberen Führungsebenen der Unternehmen (und die Notwendigkeit, die „gläserne Decke“, zu beheben z.B. durch verbindliche Quoten), sei es das Thema häusliche Gewalt. Dies sind nur zwei Beispiele von vielen weiteren Themen.
Ich fürchte, es wird noch viele Jahre dauern, um bei diesen Themen nachhaltige Gleichstellung zu erreichen.
Es bleibt also noch viel zu tun - am jährlichen Frauentag und an den anderen 364 Tagen im Jahr!