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Gleichstellungsbeauftragte fordern ein Konjunkturpaket für Männer und Frauen

Kiel – 18.06.2020 Die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) der kommunalen hauptamtlichen Gleichstellungs- und Frauenbeauftragten in Schleswig-Holstein hätte beim Konjunkturprogramm der Bundesregierung mehr „Wumms“ erwartet.

Was Feminist*innen schon lange klar ist, wurde in der Coronakrise auch für die breite Öffentlichkeit sichtbar: systemrelevante Arbeit von Frauen wird in der Regel schlecht bezahlt oder unbezahlt geleistet. 75 % aller Beschäftig-ten in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Kitas, Sozialeinrichtungen sowie im Einzelhandel und in der Reinigungsbranche sind weiblich.
Sie arbeiten für wenig Wertschätzung, schlechte Bezahlung - bis hin zu Minijobs mit Niedriglohn- und garantierter Altersarmut. Diese prekären Bedingungen betreffen insbesondere Migrantinnen.
In den meisten Fällen übernehmen Frauen - ob alleinerziehend oder mit Partner - neben dem Job, noch die Erziehungs- und Hausarbeit, sowie das Homeschooling für die Kinder und betreuen pflegebedürftige Angehörige.
„Wann, wenn nicht jetzt!“1 ist die Zeit grundlegend neue gleichstellungspolitische Weichen zu stellen?
Die Bundesregierung hat ein 130 Milliarden-schweres Konjunktur-Paket aufgelegt, um einen innovativen Modernisierungsschubs aktiv zu gestalten und der Beseitigung bestehender Defi-zite entgegen zu treten.²
„Leider können wir entsprechende Maßnahmen für die Beseitigung von bestehenden Defiziten zwischen Männern und Frauen nur marginal erkennen. Wir haben eine grundsätzliche Aufwertung sogenannter reproduktiver Care-Arbeit erwartet“, stellt Silvia Kempe-Waedt, Sprecherin der LAG der hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten fest „und dafür hätten beispielsweise die Gehälter grundlegend und dauerhaft nach oben korrigiert werden müssen.
Immerhin: Für Alleinerziehende wurde der steuerliche Freibetrag von 1908,- Euro auf 4000,- Euro erhöht - allerdings befristet auf zwei Jahre-, es wird zusätzlich in den Ausbau von Kinderbetreuung und Ganztagsbetreuung in der Grundschule investiert und der einmalige Kinderbonus von 300,- € wird nicht auf die Grundsicherung angerechnet. Auch profitieren Frauen von der Förderung für kleine und mittlere Unternehmen, da diese einen großen Teil der Soloselbstständigen ausmachen
„Unter einen großen „Wumms“ haben wir uns allerdings etwas anderes vorgestellt“, so Tinka Frahm, ebenfalls LAG-Sprecherin „zum Beispiel wurde es versäumt, das Kurzarbeitergeld geschlechtergerecht anzupassen. Da viele Frauen in der Steuerklasse V arbeiten, und Leistungen wie das Kurzarbeitergeld nach dem Nettogehalt berechnet werden, haben die Frauen das Nachsehen.“
„Völlig unverständlich ist außerdem die Kaufprämie für Elektroautos anstelle eines systematischen Ausbaus des Öffentlichen Personennahverkehrs mit einem an die Bedürfnisse aller Nutzer*innen angepassten Tarif- und Streckensystem. Damit würde Mobilitätsgerechtigkeit und somit die Gleichstellung von Frauen und Männern gefördert und nebenbei noch positiv auf die Erreichung der Klimaziele hingewirkt“ meint Kerstin Schoneboom, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Glinde und Beauftragte der LAG für den Nahverkehr.
„Wir stellen fest, dass mit dem Konjunkturpaket, die große Chance geschlechterpolitische Defizite strukturell und nachhaltig zu verändern und politische Lehren zum Beispiel aus dem Personalmangel im Pflegebereich zu ziehen, vertan worden ist“, betont Kirsten Schöttler-Martin, ebenfalls LAG-Sprecherin abschließend.
1 https://www.frauenbeauftragte.org/Wann-wenn-nicht-jetzt
² https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Schlaglichter/Konjunkturpaket/2020-06-03-eckpunktepapier.pdf?__blob=publicationFile&v=8

Hier die PM als PDF.