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Da ist die 16-jährige Miriam, die im Lockdown Struktur und Tagesrhythmus verliert und den Wünschen und Anforderungen ihrer Eltern immer weniger gerecht wird. Je mehr Vorhaltungen ihr die Eltern machen, desto mehr zieht Miriam sich zurück.

Der 10-jährige Niklas, der immer wieder mit seiner Mutter aneinandergerät, wenn es um die Erledigung der schulischen Lernpläne geht. Keine leichte Situation für beide, zumal seine Mutter im Homeoffice arbeitet und sich doppelt belastet fühlt.

Und schließlich der 5-jährige Max, der sich für seinen Kaufmannsladen eine Plexiglasscheibe wünscht, damit man wieder ohne Maske einkaufen gehen kann.

Drei Beispiele aus dem Corona-Alltag von Kindern und Jugendlichen, wie sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ratzeburger Erziehungsberatungsstelle berichtet werden.

Die einhellige Einschätzung des Teams der Einrichtung ist: Der zweite Lockdown ist deutlich belastender für die meisten Familien als der erste. Und ein Ende der einschränkenden Maßnahmen ist noch nicht abzusehen.

Die erste Schulschließung hatte für die betroffenen Schülerinnen und Schüler noch einen gewissen Spaßfaktor im Sinne des Liedtitels „Hurra, die Schule brennt“. Während des derzeitigen Lockdown sieht das anders aus. Tagesstruktur, Lernangebote und soziale Kontakte zu Gleichaltrigen sind anhaltend eingeschränkt, so dass viele Kinder und Jugendliche sich allein und isoliert fühlen.

Für Kinder im Kindergartenalter und auch für Jugendliche an der Schwelle zum Berufsleben sieht das oft nicht anders aus.

Dieses Bild vor Ort deckt sich mit dem Befund einer Studie, die aktuell von der Bertelsmann Stiftung gemeinsam mit den Universitäten Frankfurt und Hildesheim veröffentlicht worden ist und den Titel „Das Leben junger Menschen in der Corona-Pandemie“ trägt. Demnach stimmt mehr als ein Drittel der befragten jungen Menschen vollständig oder eher der Aussage zu, dass sie sich seit Corona vermehrt psychisch belastet fühlen. Mehr als 45 % der Befragten berichten von Ängsten vor der eigenen Zukunft (www.bertelsmann-stiftung.de).

Auch für Eltern ist der anhaltende Spagat zwischen Berufsleben und Elternsein schwer aushaltbar, ganz zu schweigen von Ängsten um die Existenz, die eigene Gesundheit und die seiner Lieben.

Die Situation in den Familien ist sehr unterschiedlich und daher gibt es kein Patentrezept zum Umgang mit Dauerstress. Gleichzeitig geben die MitarbeiterInnen der Erziehungsberatungsstelle einige Anregungen, die helfen können, die gegenwärtige Durststrecke etwas besser zu überstehen:

  • Versuchen Sie in der Familie eine Tagesstruktur zu erhalten, das heißt feste Zeiten fürs Aufstehen, Waschen, Frühstücken, Arbeiten, Lernen. Ebenso sollte es klar geregelte Pausenzeiten geben. Und mal muss auch Schluss sein! Auch Kinder und Jugendliche brauchen Feierabend.
  • Lernen und Spielen zu zweit bringt mehr Spaß. Kinder können sich zu zweit zu festen Lern- oder Spielteams zusammenfinden. Wenn das stets die gleichen Lern- oder Spielpartner sind, so ist das auch günstig im Sinne des Infektionsschutzes. Gleichzeitig entlastet es jeweils ein Elternhaus. Solidarität zwischen Eltern stärkt das Gemeinschaftsgefühl und hilft Herausforderungen zu meistern.
  • Im Kreis Herzogtum Lauenburg gibt es viele Seen, Flüsse, Bäche, Wald und Wiesen, die man mit seinen Kindern zu Fuß oder mit dem Fahrrad erforschen kann. Dies ist ein gutes Gegengewicht zum Aufenthalt in den Wohnräumen und zum digitalen Lernen. Kinder können überall etwas entdecken und die Bewegung in der Natur ist gut für Geist und Körper. Auch der Aufenthalt im Freien kann einen festen Platz in der Tagesstruktur erhalten. Motivieren Sie sich und Ihre Kinder indem Sie etwas Neues ausprobieren, wie etwa Geocaching.
  • Eltern und Kinder sollten an jedem Tag etwas erleben, auf das sie sich freuen, dies können Kleinigkeiten sein. Für die Erfüllung dieser kleinen Wünsche sollte Platz im Tagesablauf sein. Dies ist wichtig zum Durchhalten! Viele gute Spiel- und Bastelanregungen gibt es etwa bei www.familie.de.
  • Mediennutzung ist altersabhängig in Ordnung, wenn die Inhalte und die Dauer stimmen. Behalten Sie den Überblick, was Ihre Kinder im Internet oder Fernsehen konsumieren. Wichtig ist eine gute Balance zwischen Mediennutzung und anderen Aktivitäten.
  • Wenn dies alles nicht sofort funktioniert, versuchen Sie Geduld zu haben. Kinder lernen am besten durch wohlwollende Angebote, Einüben, Wiederholungen und Nachmachen und weniger durch -vielleicht noch vorwurfsvolle- Anweisungen. Für Ihre eigene Geduld ist es hilfreich, sich auch selbst Auszeiten zu gönnen.
  • Und schließlich: Seien Sie für Ihre Kinder da, wenn diese mal traurig oder verzweifelt sind. Sie als Eltern an der Seite zu haben, ist viel für Ihre Kinder wert, auch wenn Sie die Probleme nicht vollständig von Ihnen fernhalten können.

Eltern, Jugendliche und Kinder, die weitere Fragen zum Umgang mit der Corona-Pandemie in der Familie oder sonstige Anliegen haben, können sich gerne an die Erziehungsberatungsstelle in Ratzeburg wenden. Sie bekommen dort professionelle Hilfe von pädagogisch und psychologisch geschulten Fachkräften in allen Erziehungs- und Familienfragen. Die Beratung ist für die Ratsuchenden kostenlos.

Die Erziehungsberatungsstelle Ratzeburg ist eine Einrichtung des Kreises Herzogtum Lauenburg. Sie befindet sich im Kreishaus in der Barlachstrasse 2 in Ratzeburg und ist unter der Telefonnummer 04541-888 371 zu den üblichen Bürozeiten erreichbar.

Auch die Erziehungsberatungsstellen in Geesthacht (Tel. 04152-80 98 40) sowie in Schwarzenbek und Lauenburg (Tel. 04151-51 65) sind mit einem entsprechenden Beratungsangebot für Sie ansprechbar.