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Datum: 13.11.2012

Die offene Jugendarbeit weiß, was sie kann - 140 Besucher beim Fachgespräch "Platz da!?!"

Das Jugendzentrum Schwarzenbek platzte aus allen Nähten, so stark war der Andrang zu dem diesjährigen Fachgespräch des Fachdienstes Kindertagesbetreuung, Jugendförderung und Schulen zum Thema "Platz da!?! - offene Jugendarbeit". Björn Warmer von der Stadt Schwarzenbek begrüßte 140 Gäste aus Politik, Verwaltung Jugendarbeit, offene Ganztagsschule, Schule und anderen pädagogischen Institutionen bei der Veranstaltung. Die Fachkräfte der Jugendarbeit im Kreis präsentierten an diesem Tag das erste Mal ihre Ausstellung zur offenen Jugendarbeit. Prof. Benedikt Sturzenhecker von der Uni Hamburg stellte in einem lebhaften Vortrag aus wissenschaftlicher Sicht die Leistungen und Funktion der offenen Jugendarbeit dar.


 
"Die offene Jugendarbeit übernimmt bei allen Veränderungen der Schullandschaft eine wichtige Rolle in den Städten und Gemeinden“, unterstrich Rüdiger Jung in seiner Begrüßung. Auch Jens Peter Jensen, Vorsitzender des Landesjugendhilfeausschusses, unterstrich, dass die offene Jugendarbeit nicht durch offene Ganztagsangebote an Schulen oder Schulsozialarbeit ersetzt werden kann.
 
Freiwillig und nach eigenem Interesse kann man sich Kompetenzen fast ausschließlich in der offenen Jugendarbeit aneignen, in der junge Menschen ohne Lehrpläne und ohne Lernkontrolle, d.h. ohne Benotung, zusammenkommen. Hier bestimmen sie die Themen selbst, natürlich in einem Aushandlungsprozess mit dem pädagogischen Personal. Dadurch ergibt sich schon so viel an Aneignung demokratischer Verhaltensweisen, die durch versierte Fachkräfte methodisch begleitet werden. Gerade weil es keine Lehrpläne gibt, werden an das Personal hohe Ansprüche gestellt: müssen sie sich doch immer wieder den Bedarfen der nachwachsenden Jugendgeneration stellen und darauf reagieren. "Nun führt die Mitbestimmung im Jugendzentrum nicht zu einem Wunschzettel," betonte Sturzenhecker in seinem Vortrag, "sondern jede Leistung erfordert auch eine Gegenleistung vonseiten der Jugendlichen," und nannte gelungene Beispiele aus dem Kreisgebiet, z.B. das Jugendhaus Düne in Geesthacht, das sich mit geringer hauptamtlicher Unterstützung weitgehend selber organisiert oder das Jugendzentrum Mölln, wo jugendliche Assistenten nach einem Seminar einzelne Aufgaben selbstverantwortlich übernehmen und sich dadurch gewisse  Privilegien erarbeiten.
 
"Sicher gibt es in einer sich verändernden Schullandschaft Berührungspunkte zwischen Schule und offener Jugendarbeit. Diese können gemeinsam gestaltet werden, jedoch kann sich Jugendarbeit nicht von Schule oder offenem Ganztag vereinnahmen lassen, denn damit verlässt sie auch ihren gesetzlichen Auftrag. Freiwillige Teilnahme, Mitbestimmung, Mitverantwortung und Interessenorientierung sind im Jugendhilfegesetz verpflichtend festgeschrieben und können in der Schule oder im offenen Ganztagsbereich nicht geboten werden“,  stellte Sturzenhecker in seinem Vortrag heraus. 
 
Anschließend informierten sich die Besucher in der Ausstellung zu den Themen Methoden, Projekte, Standards, konzeptionelle Arbeit, gesetzlicher Auftrag, Partizipation und finanzieller Bedarf, die in zwei Diskussionsrunden von den Fachkräften aufgegriffen und vertieft wurden. Mit lebhaften Methoden stiegen die Teilnehmer in die Diskussion ein. So hat eine jugendliche Theatergruppe in die gesetzliche Thematik eingeführt oder die Kosten der Jugendarbeit wurden mit Hilfe von Geldsäcken - gefüllt mit echten Geldscheinen, leider auf Millimetergröße geschreddert - in die Waagschale geworfen und mit anderen Kostenfaktoren verglichen.
 
Zum Abschluss fasste Sturzenhecker die Diskussion zusammen und bedankte sich bei den Politikern, dass sie ihre schwere Aufgabe wahrnehmen. "Wenn es Sie nicht gäbe, hätten wir keine Demokratie. Dafür gebührt ihnen hohe Anerkennung, auch wenn man ggf. nicht immer mit ihren Entscheidungen einverstanden ist. Sie verkörpern bereits Demokratie, junge Menschen müssen diese erst wieder erlernen. Das Wissen aus der Schule über Judikative, Exekutive und Legislative ist da eher theoretisch; das Einsetzen für eigene Interessen und die Suche nach gemeinsamen Lösungen, die allen gerecht wird, ist eine Live - Erfahrung aus dem Jugendzentrum und vermittelt zentrale Werte von Partizipation und Demokratie! Dafür lohnt es sich auch zukünftig zu investieren."
 Die Ausstellung “Platz da!?! offene Jugendarbeit“ kann bei Interesse ausgeliehen werden beim Kreis Herzogtum Lauenburg

Herr M. Beck

Fachdienst Kindertagesbetreuung, Jugendförderung und Schulen
Kinder- und Jugendförderung

Barlachstraße 5
23909 Ratzeburg