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Datum: 28.05.2015

Antrittsrede Dr. Mager

Der zukünftige Landrat des Kreises Herzogtum Lauenburg Dr. Christoph Mager hat heute, 28.05.2015, nach seiner Ernennung und Vereidigung zum Landrat ab 1. Juni 2015 seine Antrittsrede gehalten. Nachfolgend der Redetext:

Sehr geehrter Herr Kreispräsident Füllner,
sehr geehrte Abgeordnete des Lauenburgischen Kreistages,
sehr geehrter Herr Kreispräsident Olech,
sehr geehrter Herr Landrat Kolodziejski,
sehr geehrter Herr Abteilungsleiter Petersen,
sehr geehrte Gäste,
meine Damen und Herren,

 ohne Zweifel hat der heutige Tag eine besondere Bedeutung für mich. Es endet eine Übergangsphase. Wichtiger aber ist: Dieser Tag ist für mich der Anfang eines neuen Lebensabschnitts. Insofern ist dieser Tag verbunden mit ein wenig Wehmut, wenn nun das Richteramt und damit die nahezu absolute Unabhängigkeit in Fragen von Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsweise verloren geht. Er ist aber vor allem verbunden mit dem Ende der Vorfreude und der Spannung auf das neue Amt. Insofern bin ich glücklich, dass es jetzt losgehen kann, verspüre aber auch Respekt vor den zu bewältigenden Aufgaben.

Vor einem Jahr hätte ich nicht im Traum daran gedacht, dass ich hier heute vor Ihnen stehe und als Landrat vereidigt würde. Wenn ich das Jahr Revue passieren lasse, muss ich doch staunen, welche Zufälle passieren mussten, dass es dazu kommen konnte. Als ich im letzten Jahr erstmals darauf angesprochen wurde, ob ich mir eine Bewerbung vorstellen könne, benötigten meine Frau und ich zehn Tage, um zu überlegen, welche Veränderungen aber auch Risiken dies für mich persönlich, für die Familie und für das tägliche Leben mit sich bringen könnte. Am Ende dieser Überlegungen war aber klar, dass ich kaum etwas zu verlieren hatte und sich eine derartige Chance wahrscheinlich in diesem Leben nicht wieder eröffnen würde. Wo sonst treffen sich in diesem Kreis Beruf, politisches Denken, Überzeugen für und Umsetzen von Ideen in Verbindung mit Wirkung für fast 200.000 Menschen?

Heute ist aber auch ein Tag, der für die Kreisverwaltung besondere Bedeutung hat. Endet doch ein Zustand der Dauervertretung, der jedenfalls ein dreiviertel Jahr angedauert hat. Ist man ehrlich, so muss man konstatieren, dass einschließlich der krankheitsbedingten Fehlzeiten des Landrats eine Führung an der Spitze seit langer Zeit nicht stattfinden konnte.

Das Fehlen eines Landrats, einer Hausspitze, ist von vielen als belastend empfunden worden, auch wenn das Schiff „Kreisverwaltung“ – quasi auf Autopilot - weitergefahren ist. Zwar hat es in den letzten neun Monaten eine ausgesprochen zuverlässige Vertretung durch die beiden ehrenamtlichen Kreisräte gegeben. Dies ersetzt aber nicht den Landrat. Der Kreis braucht Kontinuität, muss aber zugleich für Impulse von Außen offen sein. Viele – und da schließe ich mich ein - hätten sich von Herrn Krämer frühzeitig ein klares Wort gewünscht. Zur eigenen Gesundheit muss sich aber niemand erklären, weil diese im Höchsten privat ist und bleibt. Insofern haben wir es zu respektieren, dass er sich zurückgezogen hat. Gleichwohl hätte ich mir gewünscht, dass eine angemessene Verabschiedung jedenfalls von den Mitarbeitern hätte stattfinden können. Denn ein gewisses Maß an Nahbarkeit gehört meines Erachtens zum Jobprofil.

Der Kreispräsident und der Landrat repräsentieren den Kreis nach der Kreisordnung gemeinsam. Diese Aufgabe haben Sie, sehr geehrter Herr Kreispräsident Füllner in vielen Monaten zu weiten Teilen allein übernommen. Für diesen Einsatz gebührt Ihnen Dank.

Dies gilt aber auch für die leitende Kreisverwaltungsdirektorin, Frau Kröpelin, die den Landrat in Angelegenheiten der unteren Landesbehörde vertreten hat. Beeindruckt kann ich mich nur von dem Engagement des Ersten Kreisrates zeigen. Im Nebenamt die Geschicke des Kreises neben den Sitzungswochen des Bundestages und den neuen Aufgaben als Obmann im Haushaltsausschuss zu steuern, gebührt nicht nur Respekt, sondern große Anerkennung. Ich bin mir sicher, nicht allein zu stehen, wenn ich sage: „ Herr Erster Kreisrat Brackmann – das war große Klasse“. Aber auch meinem Mitbewerber, dem zweiten Kreisrat, gebührt Anerkennung. Nicht selten hat er die Vertretung der Vertretung übernommen, unter anderem mehrfach die Verabschiedung von Mitarbeitern. Lieber Herr Meyer, auch Sie haben sich neben Beruf und Tätigkeiten für die Stadt Lauenburg in den Dienst des Kreises gestellt, was unter den gegebenen Umständen nicht selbstverständlich ist. Dafür möchte ich Ihnen Dank sagen.

Meine neue Aufgabe beinhaltet ohne Zweifel einige Herausforderungen. In den letzten Monaten ist viel diskutiert worden über den Kreis und seine Verwaltung: überdurchschnittlich hoher Krankenstand, lange Wartezeiten bei Fahrzeugzulassung oder Baugenehmigung, finanzielle Mittel, die nicht an die Städte und Gemeinden weitergegeben würden, die rettungsdienstliche Versorgung des ländlichen Raumes oder das Wisentgehege – um nur einige Schlagzeilen zu nennen. Natürlich muss der Kreis seine Hausaufgaben erledigen. Aber das wird nicht von heute auf morgen klappen. Also: Was müssen wir bei der Erledigung unserer Hausaufgaben bedenken? Während der Vorstellungen im Vorfeld der Landratswahl habe ich vor allem auf die Herausforderung der demographischen Entwicklung hingewiesen. Das halte ich nach wie vor für richtig. Die Alterung der Bevölkerung wird sich auf alle Themenfelder in der Kreisverwaltung niederschlagen. Ich will an dieser Stelle nicht noch einmal auf die Auswirkungen eingehen, aber sie betrifft alle Handlungsfelder von Personalentwicklung über Teilhabe, Ehrenamt bis zu Kulturarbeit. Und vielfach haben wir ganz konkrete Pläne zur Lösung dieser Probleme in der Schublade, sieht man sich etwa den Regionalen Teilhabeplan, den Nahverkehrsplan oder die Ergebnisse des Zukunftsforums Wirtschaft zu Fragen von Energie, Tourismus oder Gewerbeentwicklung an. Hier muss es darum gehen, die Prioritäten bei der Umsetzung trotz knapper Mittel richtig zu setzen. Ich habe in den vergangenen zwei Monaten, in denen ich bereits vielfach Gespräche in der Verwaltung, mit Einrichtungen des Kreises, Verbänden und Interessengruppen führen konnte, den Eindruck gewonnen, dass sich niemand Gesprächen verweigert. Das macht mir Mut für eine konsensuale Weiterentwicklung unseres Kreises und die anstehenden Gespräche in den Fachdiensten unserer Kreisverwaltung.

Das Verhältnis des Kreises zu den Städten und Gemeinden ist ein weiteres Aufgabenfeld, das vielfach thematisiert wurde. Zur konstruktiven Zusammenarbeit, zur Vereinbarung gemeinsamer Ziele, zur Arbeit in Projektgruppen, zur Vereinfachung von Vorschriften und Deregulierung haben sich der Kreis, die Städte sowie die Gemeinden und Ämter bereits 2001 in der Lauenburgischen Charta verpflichtet. Es ist deshalb mein Ziel, diese Charta mit mehr Leben zu füllen. Bei allen Fragen werden wir uns aber auch die Frage stellen müssen, was für einen Kreis wir wollen: Einen Kreis, der sich auf seine Funktion als untere Landesbehörde weitgehend beschränkt oder einen Kreis, der auch selbst gestaltet. Ich meine, wir haben die Ausgleichsfunktion, die Kreise haben, ernst zu nehmen und müssen selbst gestalten, anstelle sämtliche Verantwortung pauschal auf die Städte und Gemeinden durchzuleiten. Vielfach bedürfen nämlich gerade die kleineren Kommunen in den Ämtern ohne großen Personalkörper mit weiten Wegen einer Unterstützung.

„Die Verwaltung sollte eine Brücke zwischen Politik und Bürger sein – scheitert aber an Auflagen“ hat Erich Rueß, ein schwäbischer Autor einmal geschrieben. Damit es zu diesem Scheitern nicht kommt, hat der Kreistag seiner Verwaltung ein Leitbild und Ziele gegeben. Es macht daher Sinn, einmal inne zu halten und sich die selbst gesetzten Vorgaben zu vergegenwärtigen. Sie beinhalten nämlich all das, was wir uns von einer Verwaltung wünschen, angefangen bei der Förderung optimaler Lebensbedingungen bis hin zu Bürgernähe, Fachkompetenz und Wirtschaftlichkeit.

Die Verwirklichung dieser Ziele führt folglich zu einem verständnisvollen Verhältnis von Bürger und Kreis. Zur Umsetzung wird es dazu maßgeblich darauf ankommen, ein gesundes Maß an Pragmatismus walten zu lassen. Auch dafür wünsche ich mir den regelmäßigen Austausch mit Ihnen, sehr geehrter Abgeordnete des Kreistags, aber auch mit den Bürgerinnen und Bürgern. Dieser Austausch muss und wird unabhängig von der Zugehörigkeit zu Parteien sein. Als Kreistagsabgeordneter haben sich mir Zusammenhänge vielfach nicht erschlossen. Ich habe etwa nicht verstanden, was genau beim Landkreistag passiert. Mit der Zeit habe ich mir das selbst erschließen können. Das Beispiel verdeutlicht aber, dass Verwaltung künftig noch besser erklären und darstellen muss. Herr Meyer hat während seiner Vorstellung im Herrenhaus die Absicht geäußert, Bürgersprechstunden einführen zu wollen. Ich habe das nicht gleich morgen vor – eine Plattform für den direkten Kontakt zwischen Bürger und Verwaltungsspitze halte ich – in welcher Form man das in einem Flächenkreis auch immer realisiert – für sinnvoll. Insofern gibt es überall gute Ansätze und ich bin gern bereit, diese aufzunehmen.

Aber auch die Einbindung unserer Abgeordneten in Land- und Bundestag ist notwendig, wenn wir etwas in Kiel oder Berlin für unseren Kreis erreichen wollen – sei es bei der Erhaltung unserer Infrastruktur, sei es bei der Wiederherstellung finanzieller Handlungsfähigkeit, sei es bei einem noch breiteren Angebot unseres Berufsbildungszentrum, sei es bei der Verbesserung von Verfahren. Zusammenarbeit muss daher umfassend verstanden werden: Parteiübergreifend muss sie die Städte und Gemeinden, die Einrichtungen des Kreises, die Vereine und Verbände, Innungen, Interessenverbände und nicht zuletzt die Unternehmen in unserem Kreis erfassen, um den Kreis ein Stück weit wahrnehmbarer zu machen.

Ich lebe ausgesprochen gern hier. Ich freue mich jeden Tag, an dem ich meine Laufrunde um die Küchenseen mache über die Wälder und Natur. Unsere Städte verfügen in aller Regel über ausgesprochen schöne und historische Stadtkerne. Die Zahl der Museen – die viel zu wenige Menschen besuchen – ist groß und ihre Qualität hoch. Wer etwa unser A.Paul Weber Museum besucht wird feststellen, dass dort jedes zweite Werk in einen aktuellen sozialen, politischen oder gesellschaftlichen Kontext gestellt werden kann. Das kulturelle Leben, etwa Theaterveranstaltungen auch im Niederdeutschen bis zum Open-Air Kino ist vielfältig. Und wer lieber auf Mobilität setzt, kann auf „Karoline“ und den „Kaiser“ ausweichen. Ich habe den Eindruck, dass viele Bürgerinnen und Bürger in unserem Kreis „Herzogs Schätze“, wie die HLMS es genannt hat, gar nicht kennen. Ich glaube, dass wir daran arbeiten müssen, unsere Schätze schon innerhalb unseres Kreises stärker zu bewerben. Herauszustellen, was der Kreis zu bieten hat und was der Kreis leistet. Daran will ich mitwirken. Denn letztlich sind die Einrichtungen und die Verwaltung für die Bürgerinnen und Bürger da.

Ich komme zum Schluss: Ich möchte mich auch persönlich bei Ihnen, sehr geehrte Kreistagsabgeordnete, bedanken: Sie bzw. ihre Fraktion oder ihre Partei haben mich in den letzten Monaten durch Einladungen und Gespräche über ihre Ideen und Ziele informiert; Sie haben mir Gelegenheit gegeben, ihre Sicht der Dinge zu erfahren. Ich wünsche mir, dass es dabei bleibt und sich der Kontakt verstetigt und vertieft – auch wenn ich nicht ihrer Partei angehöre und wenn ich Ihrer Partei angehöre, auch wenn ich einmal nicht Ihrer Meinung bin.

Die in der Öffentlichkeit geäußerten Erwartungen sind sicher hoch: Ich soll mich von den Machtstrukturen, die mir ins Amt verholfen haben, lösen; ich soll die Sitzordnung während der Kreistagssitzungen ändern, ich soll dafür sorgen, dass Ermessensspielräume stärker ausgenutzt oder gar nicht ausgenutzt werden.

Ich will es einmal so formulieren: Unvoreingenommen und unabhängig von Person oder Partei sachlich gut begründbare Entscheidungen zu treffen, das habe ich in meinem Leben gelernt und dass können sie von mir zu Recht erwarten. Und dabei Empathie, Offenheit und Belastbarkeit mitzubringen, sage ich Ihnen zu.

Heute endet der Vertrauensvorschuss, den Sie mir am 22. Januar mehrheitlich gewährt haben. Die Wahl ist nicht Belohnung für Erreichtes, sondern sie ist erst die Gelegenheit zur Leistung. Von den Grünen bin ich gefragt worden, was ich nach 100 Tagen im Amt über mich in der Zeitung lesen möchte. Bei der SPD ist mir eine ähnliche Frage gestellt worden, die Zeitspanne wurde aber gleich auf 200 Tage verlängert.

Natürlich würde mich eine positive Begleitung meiner Tätigkeit auch in den Medien freuen. Aber meine Amtszeit dauert bis 2023. Am Ende dieser Zeit würde ich gern lesen: „Kreistag ist sich einig: Wir behalten einen guten Landrat“.

Dafür will ich arbeiten.

Vielen Dank.